Kommentar: Geschlossenes Heim

Kommentar: Anna Steinbach

Intensive Betreuung oder Kinderknast?

Wenn Kinder und Jugendliche ihren Mitschülern Knochen brechen
und ihre Lehrer bedrohen, ist klar: Es muss was passieren. Nicht
erst, wenn sie mit 14 Jahren strafmündig sind. Die Einrichtung von
geschlossenen Heimen ist die Antwort auf die wachsende
Jugendkriminalität bei Minderjährigen. Die einen sprechen von
besonders intensiver Betreuung, die anderen von Kinderknast. Das
Thema ist umstritten.
Dabei sind die geschlossenen Heime von heute sind nicht zu ver-
wechseln mit den Fürsorgehäusern aus den fünfziger und sechziger
Jahren. Viele Jugendliche mussten damals für ein Taschengeld über
Jahre auf Feldern oder in Wäschereien schuften. Heute können sich
die Minderjährigen Schritt für Schritt je nach Lernfortschritt mehr
individuelle Freiheiten erarbeiten.
Und denoch:Dürfen Kinder und Jugendliche eingesperrt werden?
Die Methode, Kinder aus ihrer Welt zu reißen und die letzten intak-
ten Wurzeln zu kappen, ist fraglich. „Zwang provoziert
Widerstand. Unfreiheit zerstört Vertrauen.“So argumentiert eine
Hamburger Kampagne gegen die Einrichtung von geschlossenen
Heimen. Aber was, wenn die letzten intakten Wurzeln, ein
Ursprung ihres aggressiven Verhaltens darstellen? Wenn die
Freunde, bei denen manche Jugendliche die Akzeptanz finden, die
sie in ihrer Familie nie erfahren haben, gleichzeitig ihre Komplizen
beim Aufbrechen von Autos sind?
Fraglich ist ebenfalls, was nach ihrem Aufenthalt in einem
geschlossenen Heim passiert. Wer sorgt dann für sie?
Die alten Freunde freuen sich sicher über ein Wiedersehen.


Posted

in

,

by

Tags: